In einer Welt, in der Mensch und Tier miteinander leben, existiert eine unsichtbare, aber dennoch mächtige Grenze. Diese Grenze ist nicht aus Stein oder Draht, sondern aus Vorurteilen und Überzeugungen geschmiedet. Diese Grenze heißt Speziesismus.

Speziesismus ist im Grunde genommen die Vorstellung, dass der Mensch den Tieren überlegen ist und einige Tierarten als wertvoller angesehen werden als andere. Ähnlich wie beim Rassismus und Sexismus beruht Speziesismus auf der irrationalen Überzeugung, dass die Angehörigen einer bestimmten Spezies mehr wert sind als andere. Es ist eine Denkweise, die sich in unserer Gesellschaft tief verwurzelt hat.

Interessanterweise gibt es eine Diskrepanz zwischen der kapitalistischen Wertschätzung seltener Dinge und der Bewertung von Tieren. In einer kapitalistischen Gesellschaft werden seltene Dinge oft als wertvoller betrachtet. Doch wenn es um Tiere (die rechtlich als Sache gelten) geht, scheint dieses Prinzip nicht zu gelten. Selbst wenn Tiere selten und vom aussterben bedroht sind, wird ihr Wert immer geringer angesehen werden, als der eines Menschen. Der Mensch wird also unabhängig von seinem Stellenwert als überlegen betrachtet, während Tiere oft nur hinsichtlich ihrer Nützlichkeit bewertet werden, ohne dass ihre eigenen Interessen oder Bedürfnisse Berücksichtigung finden.

Wie äußert sich Speziesismus?

Sprache

Die Art und Weise, wie wir sprechen ist geprägt von Speziesismus. Oft werden Tiere objektifiziert, anstatt sie als lebendige, fühlende Wesen anzuerkennen. Begriffe wie „Nutztier“ oder „Haustier“ reduzieren ihre Identität auf ihren Nutzen für den Menschen. Darüber hinaus verwenden wir Tierbezeichnungen oft in unserem alltäglichen Sprachgebrauch, um jemanden zu beleidigen und dem Gegenüber damit vermeintlich schlechte Eigenschaften zuzuschreiben. Ein Beispiel hierfür sind Begriffe wie „Rabeneltern“ oder „Dreckschwein“. Indem wir Tiere auf diese Weise benutzen, degradieren wir sie zu bloßen Werkzeugen unserer eigenen Sprache und tragen zur Entmenschlichung bei, indem wir negative Eigenschaften auf sie projizieren. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Bezeichnungen in der Regel unwahr und unfair sind. Raben sind zum Beispiel bekannt für ihre hervorragenden Fähigkeiten als Eltern. Sie sind äußerst fürsorglich und liebevoll zu ihren Jungen. Ebenso sind Schweine sehr hygienische und intelligente Tiere. Sie verfügen über komplexe soziale Strukturen und sind äußerst sauber, weil sie – genau wie wir – eigentlich bestimmte Bereiche für verschiedene Bedürfnisse nutzen. Indem wir solche positiven Eigenschaften von Tieren ignorieren und stattdessen negative Stereotypen verbreiten, tragen wir zum Speziesismus bei und den Mythos der Überlegenheit aufrecht.

Denken

Speziesistisches Denken manifestiert sich in einer Hierarchie, die den Menschen über Tiere setzt. Das bekommen wir von klein auf sogar in Kinderbüchern beigebracht. Dabei wird angenommen, dass menschliche Bedürfnisse und Interessen über denen von Tieren stehen, und ihre Rechte werden oft vernachlässigt oder ignoriert. Dieses Denken drückt sich in verschiedenen Bereichen des menschlichen Lebens aus und prägt unser Verhältnis zu Tieren auf vielfältige Weise. Ein besonders deutliches Beispiel hierfür sind Zoos. In Zoos werden Tiere oft in völlig ungeeigneten Klimazonen und Gehegen gehalten, nur damit Menschen die Möglichkeit haben, sich die Tiere anzuschauen, die sie sonst nur durch eine teure Flugreise in ihrem natürlichen Lebensraum sehen könnten. Diese Praxis unterstreicht, wie sehr speziesistisches Denken die Bedürfnisse und das Wohlergehen der Tiere zugunsten des menschlichen Vergnügens ignoriert. Auch Argument der Bildung, das oft für Zoos vorgebracht wird, ist fragwürdig. Die meisten Besucher*innen von Zoos kommen nicht, um sich über die Bedürfnisse und das Verhalten der Tiere zu informieren, sondern um sie als Unterhaltung zu betrachten. Tatsächlich kann der Anblick von Tieren in Gefangenschaft oft falsche Vorstellungen über ihr natürliches Verhalten und ihre Lebensbedingungen vermitteln. Auch in der Landwirtschaft zeigt sich speziesistisches Denken in der Behandlung von Nutztieren. Milliarden von Tieren werden unter grausamen Bedingungen gehalten, um den menschlichen Bedarf an Fleisch, Milch und Eiern zu decken. Ihre individuellen Bedürfnisse und Rechte werden selbst in der besten Haltungsform ignoriert, da ihr Wert primär darin gesehen wird, die Bedürfnisse der menschlichen Gesellschaft zu befriedigen.

Handeln

Speziesistische Praktiken durchdringen verschiedene Bereiche unseres Lebens und manifestieren sich in der Ausbeutung und Misshandlung von Tieren. Diese Praktiken spiegeln die Hierarchie wider, die den Menschen über Tiere stellt und ihre Rechte und Bedürfnisse oft vernachlässigt. In der Landwirtschaft werden Milliarden von Tieren unter grausamen Bedingungen, fernab ihrer natürlichen Bedürfnisse, gehalten, um den menschlichen Bedarf an Fleisch, Milch, Wolle, Leder und Eiern zu decken. Selbst in der besten Haltungsform haben die sogenannten Nutztiere keine Chance auf das Ausleben ihrer natürlichen Verhaltensweisen. Auch das Angeln, das oft als Freizeitbeschäftigung angesehen wird, ist von speziesistischen Praktiken geprägt. Das „humane Töten“ von Fischen durch Sauerstoffenzug oder Totschlagen wird als akzeptable Praxis angesehen, obwohl es in Wahrheit mit Schmerzen und Leiden verbunden ist. Diese Praktiken werden nur deshalb als „human“ betrachtet, weil es keine günstigere Alternative gibt, obwohl es inzwischen bewiesene Methoden gibt, die den Fischen weniger Leid zufügen.

Was kann ich gegen Speziesismus tun?

Bewusstsein schaffen

Informiere dich über Speziesismus und verbreite das Bewusstsein darüber in deinem Umfeld. Teile Informationen über die Auswirkungen von Speziesismus auf das Tierreich und die Umwelt. Hinterfrage deine Sprache, dein Denken und dein Handeln kritisch. Behandle Tiere so, wie du gerne behandelt werden würdest, wären die Rollen umgekehrt.

Ernähre dich pflanzlich

Indem du dich für eine pflanzliche Ernährung entscheidest, kannst du dazu beitragen, die Nachfrage nach tierischen Produkten zu reduzieren und damit das Leiden von Milliarden von Tieren zu verringern. Darüber hinaus hat eine vegane Ernährung viele weitere Vorteile. Sie ist klimafreundlicher, sozial gerechter und bewusster.

Konsumiere vegan & tierversuchsfrei

Für Leder gibt es inzwischen tolle Alternativen. In der Datenbank von Peta findest du außerdem tausende Firmen für Kosmetika & Co., die für ihre Produkte keine Tiere ausbeuten. Tierversuche sind ohnehin oft nicht auf den Menschen übertragbar und damit eine längst überholte Praxis.

Unterstützung von Tierrechtsorganisationen

Engagiere dich aktiv für den Tierschutz, indem du Tierrechtsorganisationen unterstützt, die sich für die Rechte und das Wohlergehen von Tieren einsetzen. Hier kannst du mehr darüber erfahren, wie du dich bei uns engagieren kannst.

Förderung von Gesetzen zum Schutz von Tieren

Setze dich für Gesetze und Richtlinien ein, die den Schutz von Tieren sicherstellen und gegen tierquälerische Praktiken vorgehen. Unterstütze Parteien, die sich auf Kontinental-, Bundes- und Landesebene für den Schutz von Tieren einsetzen wollen.

Sensibilisiere die nächste Generation

Ein entscheidender Schritt im Kampf gegen Speziesismus ist die Sensibilisierung der nächsten Generation. Schon im Kindesalter werden wir oft in Büchern und Filmen mit verzerrten Vorstellungen darüber konfrontiert, wo unser Essen herkommt, unter welchen Bedingungen es hergestellt wird und welche Auswirkungen es hat. Kinderbücher und -filme sind oft von der romantischen Vorstellung geprägt, dass Tiere fröhlich auf einem Bauernhof leben und bereitwillig ihre Produkte für den Menschen bereitstellen. Wir müssen diese falschen Vorstellungen und Lügen aufdecken und den Kindern die Realität näher bringen. Es ist wichtig, Kindern zu vermitteln, dass Tiere fühlende Wesen sind, die Schmerz, Freude und Leid empfinden können. Wir müssen sie darüber informieren, dass die Realität oft ganz anders aussieht als das, was in Kinderbüchern und -filmen dargestellt wird. Ein Beispiel hierfür ist die gängige Vorstellung, dass „die Kuh uns Milch gibt“. In Wahrheit ist die Kuhmilch nichts anderes als unsere „Muttermilch“. Indem wir Kinder über solche Realitäten aufklären und sie dazu ermutigen, kritisch über die Informationen nachzudenken, die ihnen präsentiert werden, können wir dazu beitragen, eine Generation heranzuziehen, die sich für Tierrechte und den Tierschutz einsetzt.

Es liegt an uns allen, die unsichtbare Grenze des Speziesismus ein für alle Mal zu überwinden. Indem wir unsere Vorurteile überwinden und anerkennen, dass alle Lebewesen, unabhängig von ihrer Spezies, ein Recht auf ein Leben frei von Leiden und Ausbeutung haben, können wir eine Welt schaffen, in der Mensch und Tier in Harmonie und Respekt miteinander leben können.