Was bedeutet Qualzucht?

Eine Qualzucht bezeichnet die Zucht von Tieren auf extreme körperliche Merkmale, die mit chronischen Schmerzen, Leiden, Verhaltensstörungen oder eingeschränkter Lebensqualität verbunden sind – besonders häufig betrifft dies gezielt gezüchtete Rassetiere. Der Begriff Rassetiere umfasst alle Tiere, welche gezielt nach bestimmten äußerlichen oder verhaltensbezogenen Merkmalen gezüchtet wurden und einem festgelegten Rassestandard entsprechen. Das Ziel ist meist ein gewünschtes Aussehen oder Verhalten – das kann zum Beispiel die Fellfarbe oder die Bein- und Gesichtsform sein. Dabei werden oft nur wenige Tiere miteinander verpaart.

Historischer Wandel

Ursprünglich wurden Rassetiere vor allem nach funktionalen Kriterien gezüchtet – etwa für die Jagt, den Schutz oder bestimmte Arbeitsleistungen. Mit der Zeit verlagerte sich der Fokus zunehmend auf äußere Merkmale wie Fellfarbe oder besondere körperliche Proportionen. Besonders seit dem 19. Jahrhundert, mit dem Aufkommen von Ausstellungen und Zuchtvereinen, wurde das Aussehen zum wichtigsten Zuchtziel. Heute stehen oft ästhetische Ideale im Mittelpunkt und über der Gesundheit der Tiere.

Rechtslage – was sagen die Tierschutzgesetze?

Laut des Qualzuchtparagraphen § 11b des Deutschen Tierschutzgesetzes (TierSchG) ist in Deutschland diese Art von Züchtungen verboten. In der Praxis wird dieses Verbot jedoch selten konsequent umgesetzt, da leider klare Definitionen und insbesondere Kontrollmechanismen fehlen. Tierschutzorganisationen fordern daher strengere Regeln und eine stärkere Kontrolle von Zuchtstandards. Aus ethischer Sicht steht jedoch fest: Das gezielte Züchten von Leiden widerspricht dem Grundgedanken des Tierschutzes!

Welche Tiere sind von Qualzucht betroffen?

Die Züchtungen, die dabei auf Extravaganz und Extremformen ausgelegt sind, machen dabei bei keiner Tierart halt. Nicht nur die typischen Haustiere wie Hunde oder Katzen, sondern Fische, Kaninchen, Vögel bis hin zu Reptilien sind von den qualvollen Defektzuchten nicht ausgenommen. Die angezüchteten Defekte sind nicht leicht wieder entfernbar. Vor allem Hunde werden von Generation zu Generation immer kränker.

Bei den Nutztieren hingegen geht es vor allem darum, dass alles immer größer, immer mehr und immer profitabler wird. Sodass Kühe viermal so viel Milch pro Jahr produzieren, als natürlich für sie wäre und durch ihre viel zu großen Euter mit starken Bewegungseinschränkungen konfrontiert werden. Hühner müssen, um unseren Eierbedarf zu decken, nun schon ca. 300 Eier im Jahr legen (1900 waren es noch ca.80). Dafür benötigen sie Kalzium, dass ihren eigenen Knochen am Ende fehlt. Knochenbrüche und Schmerzen sind die Folge. Auch Merinoschafen wachsen heutzutage nun schon 18 Kilogramm Wolle pro Jahr statt damals vor 200 Jahren noch ursprünglich 1,5 kg. Damit können sie ihre eigene Temperatur nicht mehr regulieren und werden tödlichen Hitzschlägen ausgesetzt.

Fakt ist: Alle betroffenen Tiere von Qualzuchten müssen für ihr Aussehen oder ihre Leistung einiges an Lebensalter und vor allem Lebensqualität einbüßen.

Die häufigsten Qualzuchtrassen bei Haustieren

TierQualzuchtmerkmalFolgen
Hunderassen (z.B. Französische- und englische Bulldogge, Mops, Boxer)Verkürzte Schnauze, großer Kopf, zum Teil hervorstehende Augen (Brachyzephalie)Extreme Atemnot, es kommt aufgrund des großen Schädels oft zu schweren Geburtskomplikationen
PerserkatzeFlache NaseVerursacht häufig Augen- und Zahnfehlstellungen
Nacktkatzen und Nackthunde (z.B. Sphynx-Katzen oder Chinesische Schopfhunde)Fehlendes FellFührt oft zu Hautproblemen und gestörter Wärmeregulierung
Deutsche SchäferhundeAbfallendes RückenprofilEs kommt häufig zu schmerzhaften Hüft- und Rückenleiden, Lähmungen
(Zwerg-) Kaninchen oder Widder mit extrem großen Hängeohren (z.B. Englische Widder)Stark herabhängende HängeohrenBegünstigen Entzündungen und behindern die Kommunikation mit Artgenossen
Katzen mit gefalteten Ohren (z.B. Scottish Fold Katze)Gefaltete Ohren durch einen GendefektLeiden häufig unter schmerzhaften Gelenk- und Knochenerkrankungen
Teacup-Hunde und alle extrem klein gezüchtete Hunde (z.B. Chihuahua)Hunde, welche in eine Teetasse passen sollen oder alle, welche extrem klein gezüchtet sindLeiden häufig unter Organfehlbildungen, Knochenbrüchigkeit, Unterzuckerung und schwerwiegenden Kreislaufproblemen
Faltige Hunde (z.B. Shar Pei, Chow Chow, viele Bulldoggen)Übermäßige HautfaltenbildungFührt oft zu chronischen Entzündungen und Augenproblemen
Dumbo RatteExtrem tief angesetzte, seitlich abstehende OhrenGleichgewichtsstörungen sowie Probleme mit dem Orientierungsverhalten sowie erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen und Entzündungen
Hunde mit langem Rücken (z.B. Dackel, Welsh Corgi)Unnatürlich langer Rücken und kurze BeineNeigt sehr stark zu Bandscheibenvorfällen und Rückenproblemen

Häufige Qualzuchtmerkmale und gesundheitliche Probleme durch Zuchtziele wie Überzüchtung und Inzucht bei Haustieren

Überzüchtung und Inzucht führen bei vielen Rassetieren zu erheblichen gesundheitlichen Problemen, wie Erbkrankheiten und genetischen Defekten. Da immer wieder nah verwandte Tiere miteinander verpaart werden, häufen sich krankmachende Gene, die sonst unterdrückt würden. Die Folgen sind schwerwiegend, wie beispielsweise:

Schöne und große nebeneinander stehende Augen, eine hohe Stirn und ein flaches Gesicht. Davon sind Hunderassen wie der Mops, die französische und englische Bulldogge sowie der Pekinese und der Boxer besonders betroffen. Auch Perserkatzen und Löwenkopfkaninchen werden nun schon solche Merkmale angezüchtet.

Bei Möpsen oder Pekinesen werden kugelrunde Augen ( „Glubschaugen“) gezüchtet, welche Austrocknung, Verletzungen und Entzündungen der Augen verursachen.

Betroffen ist außerdem vor allem die Nase. Aufgrund zu kleiner Nasenlöcher, einer schiefen Nasenscheidewand, deformierter Nasenmuscheln und eines verlängerten Gaumensegels sind die lebenswichtigen Funktionen wie die Sauerstoffzufuhr und die Temperaturregulierung des Körpers stark verringert. Um genug Luft zu bekommen, muss die gesamte Atemmuskulatur gegen einen Widerstand anatmen, der vier mal so groß ist, wie gewöhnlich. Bei zusätzlicher Belastung durch z.B. lange Spaziergänge oder heiße Sommertage kann dies zu Sauerstoffmangel, Bewusstlosigkeit, Atemnot oder sogar zum Erstickungstod führen. Das Röcheln des Hundes ist deshalb leider nicht so süß, wie alle denken, sondern ein Überlebenskampf, vor dem wir Menschen die Augen verschließen.

Da Hunde ihre Körperwärme nicht durch Schwitzen sondern nur durch das Hecheln abgeben können, ist eine verkürzte Nase sehr unvorteilhaft.

Durch die zu kurze Nase kommt es auch zum Schnarchen. Die Hälfte aller Kurzkopfhunde hat Atemprobleme beim Schlafen, jeder vierte versucht deshalb sogar im Sitzen zu schlafen. Bei jedem zehnten kommt es zu mehreren Erstickungsanfällen pro Nacht. Die stark erschwerte Nasenatmung kann zu Infektionen und Entzündungen von Schleimhäuten und Lunge sowie zur Erweiterung der Speiseröhre führen, die den Rückfluss von Magensäure begünstigt. Jeder zweite extrem gezüchtete Hund erbricht mehrmals am Tag. Schluckprobleme sind die Folge.
Weitere Konsequenzen der kurzen Nase können Zahnfehlstellungen, ein mangelhafter Schluss der Lefzen, ein entzündetes Zahnfleisch, chronische Entzündungen, bakterielle Infektionen, übler Geruch sowie ein mangelhafter Lidschluss, eine Austrocknung des Auges, ein Entropium und das Reiben der Hornhaut sein. Hornhautgeschwüre und abgequetschte Tränennasenkanäle führen zu vermehrtem „Weinen“ der Hunde. Was für die Besitzer*innen süß erscheint, ist für die Hunde einfach nur schmerzhaft. Fälle, in denen die stark hervorstehenden Augen von Möpsen herausfallen, sind leider auch eine mögliche Folge.

Hängende, überlange Ohren, zum Beispiel bei Cocker Spaniels oder Basset Hounds, führen zu schlechter Belüftung des Gehörgangs und chronischen Ohrenentzündungen.

Woran erkannt man, dass sich ein Hund freut? An seinem Schwanzwedeln natürlich. Schwänze sind für Tiere unverzichtbar. Sie nutzen sie vorrangig zur Kommunikation mit anderen Artgenossen oder anderen Tierarten sowie zur Ausbalancierung von Bewegungsabläufen wie Sprüngen etc.. Wenn also die Schwänze verkürzt sind oder ganz und gar fehlen, können verschiedene Aktivitäten und Bewegungen nur noch gestört ablaufen.

Die Brachyrie oder auch Anurie haben auch verschiedene Missbildungen der Wirbelsäule zur Folge, die auch den Aufbau des Rückenmarks wie auch des Beckens beeinträchtigen können. Die Konsequenzen können von offenen Rücken und Nervenausfällen über Inkontinenz und Lähmungen bis hin zum Fehlen einer Afteröffnung führen. Das Abschneiden des Schwanzes von Tieren ist in Deutschland nicht erlaubt, anders scheint man mit angezüchteten kurzen oder nicht vorhandenen Schwänzen zu verfahren.

Um besonders viel Kraft, Sprungbereitschaft und Bedrohlichkeit zu signalisieren, wurde vor allem großen Hunden, wie z.B. Rassen wie dem Golden Retriever, Berner Sennenhund und Doggen, eine abfallende Rückenlinie angezüchtet. Dies ist vor allem mit Schmerzen, Bewegungsstörungen und dem folgenden Muskelabbau für die Tiere verbunden. Bei großen Hunderassen sind deshalb Schmerz- und Physiotherapie, chirurgische Eingriffe und neue Hüftgelenke keine Seltenheit. Auch sind diese Tiere für Knochenkrebs anfälliger, der in die Lunge streuen und den schnellen Tod des Hundes zur Folge haben kann.

Betroffen sind vor allem große Hunde, jedoch auch der Mops und verschiedene Katzenrassen gehören schon zur Zielgruppe. Je leichter die Tiere, desto weniger schlimm ist jedoch der klinische Verlauf.

Je putziger die Tiere heutzutage am Ende aussehen, desto besser. Krumme und kurze Beine und eine kleine Silhouette sind heutzutage gewünscht. Diese führen jedoch vermehrt zu Bandscheibenvorfällen und Querschnittslähmungen, die kurz- wie auch langfristig auftreten können. Auch Inkontinenz kann eine Folge sein. Die Tiere werden demzufolge großen Schmerzen ausgesetzt.

Nicht nur bei Hunderassen wie Dackeln ist dies der Fall, sogar schon Katzenrassen wie die Munshkin- Katzen besitzen kurze Beine. Durch die Bewegungs- und Lebenseinschränkung neigen diese Tiere schon nach kurzer Zeit zu Übergewicht, die das Risiko für Artrose und Artritis erhöhen. Die Lebenserwartung ist auch durch Lungenprobleme, neurologische Symptome wie auch Organ- und Hormonstörungen stark verkürzt.

Bei Qualzucht kann es zu Patellaluxationen kommen, wobei die Kniescheibe des Tieres Herausspringt.

Abgesehen davon, dass Tiere wie Nackthunde- oder Katzen ohne Fell vermehrt frieren, fördert die Züchtung dieser Tiere auch eine Immunschwäche und Fehlstellungen des Gebisses der Tiere. Sie sind besonders anfällig für Hautverletzungen, Tumore, Sonnenbrand und Temperaturprobleme. Hautprobleme und Allergien sowie Seheinschränkungen bis Blindheit sind möglich.

Die mit der Züchtung verbundene Beschädigung oder sogar das komplette Fehlen der Tasthaare der Tiere schränkt besonders Katzen stark in ihrer Kontaktaufnahmefähigkeit, Orientierung und das Abtasten von Gegenständen ein. Vergleichbar ist dies mit dem Wegfallen eines kompletten Sinnesorganes für den Menschen. Kreuzt man diese Tiere, ist ihr Nachwuchs oft nicht lebensfähig.

Wenn z.B. Katzen oder Hunde mit blauem Fell gezüchtet werden, führt dies häufig zu Haarverlust, Hautentzündungen, diversen Allergien und Unverträglichkeiten.

Bei Albinismus sind Tiere komplett weiße mit roten oder sogar blauen Augen. Oft haben Sie mit Taubheit, Lichtempfindlichkeit und Augenproblemen zu kämpfen.

Diese Defekte beeinträchtigen die Gesundheit massiv und können lebenslange Schmerzen oder eine erheblich eingeschränkte Lebensqualität bedeuten. Zusätzlich zeigen viele Tiere durch Schmerzen, eingeschränkte Sinnesleistungen oder mangelnde Reizverarbeitung auffälliges Verhalten – etwa Ängstlichkeit, Aggressionen oder stereotype Bewegungen.

Einfluss von Social Media, Werbung, Modeerscheinungen und „Promi-Haustieren“ sowie deren Auswirkungen auf den Markt und illegalen Tierhandel

Soziale Medien und Werbung haben leider großen Einfluss darauf, welche Rassen bei Tierkäufer*innen besonders beliebt sind, da sie oft bestimmte Tiere als „trendy“ oder „cool“ darstellen. Modeerscheinungen, wie der Hype um Möpse oder Französische Bulldoggen, führen zu einer stark gestiegenen Nachfrage, die Züchter*innen oft kaum kontrollieren können. Prominente Haustiere verstärken diesen Trend zusätzlich, indem sie bestimmte Rassen in der Öffentlichkeit hervorheben. Diese hohe Nachfrage treibt teilweise den illegalen Tierhandel an, bei dem Tiere unter schlechten Bedingungen gezüchtet und verkauft werden. Insgesamt führt das zu einer Vermehrung von gesundheitlich problematischen Tieren und erschwert den Tierschutz erheblich. Ein Teufelskreislauf!

Was kannst du tun?

Moralische Verantwortung von Züchter*in und Käufer*in

Züchter*innen tragen die moralische Verantwortung, nur gesunde Tiere mit Blick auf das Wohl der Tiere zu verpaaren und Qualzucht zu vermeiden. Käufer*innen sollten sich daher bewusst informieren und KEINE Tiere mit gesundheitlichen Risiken durch extreme Zuchtmerkmale unterstützen. So kann jeder einzelne Käufer dazu beitragen, Leid zu reduzieren und artgerechte Tierhaltung zu fördern.

Bewusste Tierwahl und Adoption

Wir raten allen Menschen, die mit der Überlegung spielen, sich ein Tier von unseriösen Vermehrer*innen zuzulegen, stark davon ab. Damit unterstützt man das System der Qualzuchten.

Entscheidet man sich für den Kauf einer dieser Defektzuchten, unterstützt man damit nicht nur die Vermehrung und Verbreitung dieser armen Tiere, sondern trägt selbst die Konsequenzen mit erheblichen Tierarztkosten und großem Zeitaufwand. Abgesehen von den Kosten und dem erhöhten Zeitaufwand, möchte niemand seinem tierischem Begleiter beim Leiden zusehen. Oft werden die Tiere aufgrund dieser Konsequenzen in Tierheimen abgegeben und sind nicht nur ihren Schmerzen sowie körperlichen Beeinträchtigungen ausgeliefert, sondern müssen noch die dadurch hinzukommende Einsamkeit ertragen.

Eine bewusste Tierwahl bedeutet, sich vor der Anschaffung mit den Bedürfnissen und möglichen gesundheitlichen Problemen eines Tieres auseinanderzusetzen. Statt gezielt nach bestimmten Rassen zu suchen, die häufig von Qualzucht betroffen sind, sollte die Adoption eines Tieres aus dem Tierheim in Erwägung gezogen werden. Mischlinge aus dem Tierschutz leiden seltener unter zuchtbedingten Erkrankungen und bringen oft ein stabileres Wesen mit. Durch eine Adoption wird nicht nur einem Tier geholfen, sondern auch ein deutliches Zeichen gegen die Nachfrage nach Qualzuchten gesetzt!

Solltest du schon Besitzer*in eines solchen Tieres sein, folgt den Empfehlungen des*r Tierärzt*in sehr genau, um dem Tier so viel Leid wie möglich zu bewahren.

Aufklärung von Tierhaltenden und Züchtenden

Eine Aufklärung von Halter*innen und insbesondere auch Züchter*innen ist sehr entscheidend, um das Bewusstsein für die Leiden von Qualzuchten zu schärfen. Halter*innen sollten über die gesundheitlichen Probleme bestimmter Rassen sowie über artgerechte Haltung informiert werden. Züchter*innen müssen stärker für ethische Zuchtziele sensibilisiert und durch strengere gesetzliche Vorgaben zur Verantwortung gezogen werden.

Reformen in der Zuchtpraxis

Die gesamte Zuchtpraxis sollte grundlegend überdacht und neu ausgerichtet werden, da das derzeitige System oft das Tierwohl hinter ästhetische Ideale stellt. Es braucht umfassende Reformen in der Zukunft, die in erster Linie gesundheitliche und verhaltensgerechte Merkmale in den Mittelpunkt rücken und extreme Zuchtziele konsequent verbieten. Nur durch eine tiefgreifende Neustrukturierung und strenge gesetzliche Vorgaben kann langfristig eine tiergerechte und verantwortungsvolle Zucht sichergestellt werden!

 

Quellen